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Yvonne Dicketmüller – Puppentheater für Groß und Klein

© Sebastian Becker/ecce

Wer Puppentheater hört, denkt vermutlich erstmal an die Augsburger Puppenkiste und die Begleiter der Jugend: Urmel aus dem Eis, Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer oder Räuber Hotzenplotz. Yvonne Dicketmüller hingegen befreit die ProtagonistInnen von ihren Strippen und schenkt ihnen stattdessen Schaltkreise - ihr Puppentheater widmet sich Robotern, die sie selbst baut und in deren Welt sie sich Themen annimmt, die im ersten Moment nicht unbedingt nach einem Theater für Kinder klingen.

Das Stück beginnt mit einem kleinen Schrecken: Die Hauptfigur des Stücks Adam ist aufgrund von Strommangel ohnmächtig geworden. Erst als Adam eine Super-Energy-Batterie eingesetzt bekommt, erwacht er wieder zum Leben. Die ersten Vorboten einer Katastrophe werden deutlich: Die Welt in der Adam lebt, geht die Energie aus. „Bei dem Stück „Strom“ geht es darum, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen. Die Geschichte ist, dass die Roboter ihre Ressourcen verschwendet haben und nun vor dem Aussterben stehen. Ich spiele auf der Bühne Mutter Natur- eine gescheiterte Existenz, weil die Roboter alles zerstört haben“, erklärt Yvonne Dicketmüller, die Schöpferin der Roboter. Die Puppenbauerin stellt all ihre Roboter selbst her. Die Besonderheit: sie verwendet hierfür ausschließlich vermeintlichen Schrott und schenkt so dem Material ein zweites Leben. Generell ist die Puppenbauerin vor allem von der Vielschichtigkeit ihres Berufs fasziniert: „Auf der einen Seite hast du dieses Darstellende beim Auftritt, aber auf der anderen Seite auch den Aspekt der Bildenden Kunst. Ich mag es, Sachen auszutüfteln, die Mechanismen für die Bewegung zu bauen, die Materialien auszuprobieren. Das Gesicht von Adam ist zum Beispiel aus einem alten DVD-Laufwerk entstanden.“

Doch baut Yvonne nicht nur für ihre eigenen Stücke, sondern arbeitet auch für andere Produktionen. Für die Folkwang Universität der Künste hat sie beispielsweise zwei große Masken, sogenannte Giant Heads gebaut. Diese werden für die „Fairy Queen“ und den Esel bei der „Fairy Queen Oper“ verwendet. Neben ihren Auftritten gibt Yvonne Dicketmüller Workshops. Auf diese Art führt sie schon die Kinder ab dem Grundschulalter an ein Thema heran, welches noch Generationen beschäftigen wird: Wie gehen wir mit dem um, was wir haben? Was machen wir aus unseren Ressourcen? Bei den Workshops können die Kinder selbst kleine Roboter bauen. Diese sollen danach nicht perfekt sein und müssen auch nicht funktionieren, aber den NachwuchsingenieurInnen macht es sichtlich Spaß, Mechaniken zu entwickeln und deren Funktionen zu entdecken.

Trotzdem bleibt die Leidenschaft der Puppenspielerin das „Robo“-Theater, dessen härteste Kritiker ihre eigenen Kinder seien. Aufgeführt wird es wo es gefragt ist - in Schulen, Kindergärten und Gemeindehäusern. Thematisch geht die Mutter dabei ungewöhnliche Wege: „Ich möchte eher untypische Themen für das Puppentheater aufgreifen. Das richtet sich nicht an die ganz kleinen Kinder, sondern eher für Kinder ab sechs Jahren. Ich hoffe aber auch, dass die Kinder nicht alles verstehen und dann ganz viel nachfragen.“

Durch die Unterstützung der IKF konnte ihr Bühnenbild ein wenig erweitert werden, indem neues Lichtequipment angeschafft werden konnte. Dadurch wird zwar das Problem der Roboterwelt und der dahinsiegenden Energie nicht gelöst, doch zumindest ist die Bühne hell erleuchtet. Momentan arbeitet das Eine-Frau-Theater bereits am nächsten Stück: „Ich bin am Ende von „Strom“ gerade dabei die Natur neu zu erfinden. Das nächste Stück soll daran anknüpfen und das Thema Genetik aufgreifen.“ Es bleibt also spannend bei Adam und den Robotern.

 

Text: Jan Kempinski