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Stadtbesetzung

Das Publikum muss nicht immer zur Kunst kommen. Es geht auch andersherum: Das Kultursekretariat NRW Gütersloh - ein seit 1980 bestehender Zusammenschluss von Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe sowie des Landesverbandes Lippe - bringt Kunst mit dem Projekt Stadtbesetzung auf offene Straßen, unmittelbar hin zu den Menschen.

Im Rahmen des Projekts wird von April bis Oktober 2017 bereits zum zweiten Mal Urban Art in 15 Städte Nordrhein-Westfalens getragen – dabei stets im Vordergrund: das Thema "Körperkunst". Bereichert wird das Förderprojekt des Kultursekretariats Gütersloh in diesem Jahr um "Künstler-WGs" in Ruhrgebietsstädten, die KünstlerInnen aus der Region und dem Ausland zwei Monate lang Wohnraum und Arbeitsbasis bieten. Ein Fokus liegt dabei auf der Vernetzung und Zusammenarbeit mit ortsansässigen Kreativen, um gemeinsam ortsspezifisch künstlerische Impulse in der jeweiligen Stadt zu bewirken. Mit den "Künstler-WGs" wird gezielt eine individuelle Förderung außerhalb der Metropolstädte im urban-ländlichen Raum erprobt.

 

Termine 2017, auch auf Facebook

 

Unna

Am 30. September ist das Projekt "Just Add People" in Unna zu Gast und wird im Rahmen des Festes „bUNt international“ zum Spielen einladen. "Just Add People" ist kein Bühnenstück. Was passiert, ist völlig offen und wird von den Mitspielern bestimmt.

 

Lünen

Die Halle eines ehemaligen Stahlhandels wird zum Künstler-Treffpunkt: Gemeinsam experimentieren sie Künstler Markus Wengrzik, Simone Prothmann und Siegfried Krüger und laden Besucher ein, die künstlerische Forschungsarbeit zu entdecken. Die Künstler Markus Wengrzik, Simone Prothmann und Siegfried Krüger besetzen von Samstag, 9. September, bis Sonntag, 10. September, für 24 Stunden die Halle eines ehemaligen Stahlhandels in Lünen. Als temporäre Künstler-WG schaffen sie eine Laborsituation, in die sie auch andere Künstler zu gemeinsamem experimentellem Forschen einladen. Dabei sind die Gastkünstler Bernd Stähler (Rockaway Beat, Dortmund), Jeroen Huisman (Arnhem, NL), Holger Wille (Lünen) und Daniel Stendera (Lünen). Klangbilder und Rauminszenierungen als Resultate oder Schritte im Prozess erwachsen aus dieser besonderen Kunst- und Raumkonstellation. Am Sonntag, 10. September, wird die besetzte Zone zum öffentlichen Raum – Besucher werden zu Augen- und Ohrenzeugen der künstlerischen Forschungsarbeit.

 

Herten

  • KUNST besetzt STADT (Teil 1): 29. September 9 bis 13 Uhr: Aktionen der beteiligten Künstler am Marktplatz an der Antoniuskirche
  • KUNST besetzt STADT (Teil 2): 30. September von 14 bis 19 Uhr: Aktionen der beteiligten Künstler
  • 22. und 29. September von 9 bis 13 Uhr: Klara Adam mit "SO NICHT!" auf dem Hertener Wochenmarkt
  • 8., 15., 22. und 29. September von 9 bis 13 Uhr: Markus Zimmermann mit SUPERFILIALE auf dem Markt in Herten

Rückblick Herten

Der bunte Rauch hat sich in Luft aufgelöst, die Fetzen zertrümmerter Kunststofftörtchen sind weggefegt. Der Kunst-Monat September in Herten ist Geschichte. „Eine richtig gute Geschichte“, wie Wolfgang Seidel, Rainer Lange und Gregor Spohr von der Initiative STADT.KUNST finden. Gemeinsam haben sie vier Künstlerinnen und Künstler aus Berlin für den einen Monat nach Herten geholt. „KUNST besetzt STADT“ hieß die Aktion. „Watt is datt?“, fragte ein älterer Mann an einem Freitag auf dem Wochenmarkt. Kunst, bekommt er zur Antwort. Kunst, die nicht bleiben will, sich nicht käuflich macht.

Datt is datt, was aufmerksame Hertener mehr oder weniger zufällig erlebt haben. Die agierenden Künstlerinnen und Künstler Klara Adam, Markus Zimmermann, Per Olaf (Ole) Schmidt (alle Berlin) und Katrin Wegemann (Berlin/Herten) sind in einem Alter. Zwischen 35 und 38 Jahre alt. Sie kannten sich flüchtig bis gar nicht, bildeten dennoch in der Hertener Innenstadt eine Wohngemeinschaft. Von dort schwärmten sie aus, jeder der eigenen Idee folgend. Die Ideen waren höchst unterschiedlich, und dennoch hatten sie alle eines gemeinsam: Kunst als materiellen Wert gab es nicht. Markus Zimmermann spielte auf dem Marktplatz vor allem mit Gefühlen. Wo Kaufen und Verkaufen die Norm sind, zertrümmerte er seine handgemachte Kunst. Und selbst wer beim Schnick-Schnack-Schnuck Gewinner eines Kunststoff-Törtchens wurde, behielt eben doch nur Schnick-Schnack. Um Gefühle ging es auch in der Liebesgrotte von Klara Adam, einer zugigen Hintertreppe des ehemaligen Kaufhauses Woolworth. Liebestrank und Liebesschleim, eine Liebesgeschichte bei sparsamster Beleuchtung und Höhlen-Tropfgeräuschen. „Kunst ist Phantasie“, sagt sie. Da ließ sich nichts in die Tüte packen. Die Kunst von Katrin Wegemann wurde ausschließlich beim Finale am letzten Freitag sichtbar. Mit einer 8. Klasse des Neuen Gymnasiums Bochum zeigte sie in der Rolle der Choreografin zu Standbildern gefrorene Gefühle. Eine Minute Starre – dann zogen die Jugendlichen weiter. Konnten sie die Zeit anhalten, oder doch nur zwischen Gewürz- und Käsestand einer eiligen Kundin im Weg stehen? Bunte Farbtupfer auf Gehwegen irgendwo in der Stadt und farbenfroher Rauch im Park, auf Dächern, auf der Halde: Alles wird weggewaschen vom Regen oder ist vom Wind verweht. Ole Schmidt malte und zündelte Botschaften in einer Farb-Ton-Kunstsprache, die der Musiklehrer Francois Sudre in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfunden hat. Auch davon kann man sich nichts ins Wohnzimmer hängen. Also, watt is datt, mit der Kunst, die uns auf dem Weg zum Geldautomaten, zur Apotheke oder dem nächsten Bäcker streift? „Is datt Aggressionsabbau?“, hatte der Mann auf dem Markt noch wissen wollen. Nein. Aggressiv waren die vier Gastkünstler beileibe nicht. Störend, irritierend, Fragen aufwerfend – auch heiter. Das waren sie schon eher. Kunst ohne Kommerz, Kunst für die persönliche Erinnerung, für Bilder im Kopf – die haben sie entworfen. Und welche Botschaft hinterließen die letzten bunten Rauchzeichen von Ole Schmidt beim Finale der September-Kunst? Alles wird gut enden, wenn Du warten kannst.