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Musik mit Leidenschaft & Forscherdrang – ANIYO KORE

© Sabrina Richmann

Seit ihrer Gründung im Jahr 2010 hat die sich die zweiköpfige Band ANIYO KORE fortwährend weiterentwickelt, die musikalischen Herangehensweisen, das Genre und sogar den Kammerton gewechselt – und dabei mit kleinen Mitteln stets die Grenzen des Möglichen ausgelotet. Im Rahmen der IKF-Förderung ist nun der nächste Schritt im Gang: Denn dank der Unterstützung können sie das neue Album in einem erstklassigen Studio produzieren und ordnen sich dort mit berauschenden Erkenntnissen und der Rückbesinnung auf die fast vergessene Kraft der Analogtechnik in puncto Soundästhetik noch einmal komplett neu.

 

Die Reise beginnt mit der gemeinsamen Inspiration Portishead

 

Dass die Musik im Leben von Melody und Rene fest verankert ist, sieht man bereits, wenn man das Wohnzimmer der beiden betritt: Eine schier riesige Plattensammlung zieht sich die Wand entlang, während eine MPC, verschiedene Instrumente und ein Mikrofon nur darauf warten, bespielt zu werden. An der Decke hängen Konzertplakate und ein kleiner, geschickt postierter Bildschirm präsentiert später auf subtile Weise ein Musikvideo der Band, während die beiden im Gespräch tiefe Einblicke in ihre Arbeit geben. Es ist wundervoll, ihnen dabei zuzuhören, weil in jedem Satz die Leidenschaft für die Musik mitschwingt und auch das breite Wissen um die musikalischen Wurzeln, mit denen man als aktiver Teil der Szene unmittelbar verbunden ist. Dabei entstammen sie eigentlich recht unterschiedlichen Prägungen – Rene war Rapper und Beatbastler, Melody sang vor ihrem Kennenlernen in einer Pop-Band. Doch mit der Einigung auf die gemeinsame Inspiration Portishead ist schnell der Grundstein gelegt für einen künstlerischen Schaffensdrang, der unter dem Namen ANIYO KORE mit Downtempo / Trip Hop beginnt und von dort aus eine ungeahnte Richtung nimmt. Außerdem wollen beide von der Musik leben und hängen sich dadurch von Anfang an voll rein. Schnell bringen sie eine erste Platte heraus, um auf sich aufmerksam zu machen und damit die Basis für ihr weiteres Vorankommen zu schaffen.

Dazulernen im Netzwerk & beständige Weiterentwicklung – kein Album soll wie das letzte klingen

 

Während das erste Album vor allem einen Anfang setzt und mit den bisherigen Stärken von Rene (MPC) und Melody (Songwriting) arbeitet, ist beim zweiten Album „Pieces of Conversation“ bereits ein großer Entwicklungsschritt festzustellen. Mit Unterstützung von Funky Chris, dem langjährigen DJ der legendären Hip-Hop-Crew Too Strong, setzen sie nun statt aus vorhandenen Samples ihr Album aus eigens erzeugten und gesammelten Geräuschen zusammen. Eine sehr experimentelle Vorgehensweise, die viele neue Impulse gibt. Außerdem lernen sie durch die professionelle Hilfe erstmals, wie man eine Platte richtig gut mischt – dieses Wissen fließt unmittelbar in die weitere Arbeit ein. Die nächsten Jahre sind von beständiger Weiterentwicklung geprägt – ein Credo der Band lautet, dass kein Album wie das letzte klingen soll. Doch der größte Wandel vollzieht sich ab 2015, als Rene und Melody beschließen, Live-Auftritte künftig ohne Laptop und mit mehr Performance zu bestreiten. Also muss Rene ins kalte Wasser springen und Singen lernen für die Backups, etwas später kommt bei ihm noch der Bass und bei Melody die Gitarre hinzu. Ein langwieriger und mitunter anstrengender Prozess, doch es fühlt sich gut an, wenn der Sound nun aus den eigenen Fingern kommt. Allerdings hatten sie unterschätzt, wie sehr sich die Änderungen in der eigentlichen Musik widerspiegeln würden. Aus den Dubstep-Sessions von damals ist eine richtige Live-Show im Post-Rock-Sound gewachsen – und auch das Publikum ist ein vollkommen Neues. Hinzu kommt die Umstellung auf den Kammerton A = 432 Hz, wie ihn unter anderem Verdi befürwortet hatte. Ein ungewöhnlicher Schritt, der ganz zum Spirit und zum Detailreichtum der Band passt. Mit der Folge, dass auch die alten Songs noch einmal neu interpretiert werden.

''432'' – eine Liebeserklärung an das Leben

 

Das Album''432'', mit dem ANIYO KORE aktuell im Studio stehen, drückt all das aus, was seitdem gewachsen ist. Dabei haben sie nach eigenen Aussagen den Spaß ihres Lebens. Denn während sie bisher mit kleinsten Möglichkeiten gemischt haben, arbeiten sie nun dank der IKF-Förderung mit dem tapetracker Studio von Tobias Stock zusammen. Das Herzstück bildet hier ein vollrestauriertes STUDER-904-A-Mischpult – ein wahrer Traum für jeden Gear-Nerd in der Musikszene. Überspielt wird schließlich analog auf eine Röhrenbandmaschine (das gleiche Modell, mit dem auch schon die Beatles aufgenommen haben), bevor die Platte schließlich zum Mastering geht. Natürlich setzen sich Melody und Rene mit jedem einzelnen Schritt intensiv auseinander, um sich klanglich voll und ganz auszuleben und möglichst viel Know-how für die Zukunft mitzunehmen. Inhaltlich ist „432“ eine Liebeserklärung an das Leben – was nur allzu gut passt, denn es sieht wirklich gut aus für die Band. 2017 hat ein längerfristiges Engagement im Rahmen des Theaterstücks „Orlando“ im Schauspielhaus Dortmund den beiden den Mut gegeben, ihre bisherigen Jobs zu kündigen. Nun ist das Album mit seiner Umsetzung auf höchstem soundästhetischem Niveau ein weiterer wichtiger Schritt, um sich überregional zu etablieren. Danach werden sie wohl weiterforschen in ihrem kleinen Klanglabor, um auch in Zukunft über sich hinauszuwachsen und in neue Gebiete vorzudringen. Immer auf der Suche nach dem Sound, den es bisher nicht gibt. Außerdem wartet da noch der Traum, einfach mal sechs bis zehn Wochen auf Tour zu sein. Um sich dabei auf ganz andere Weise weiterzuentwickeln – mit dem Wissen: Du hast nur einen Take.

 

Wer neugierig ist, kann sich das Preview des neuen Albums 432 auf Soundcloud anhören

 

ANIYO KORE

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Text: Marius Hanke