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Kreativ-Shopping im Supermarkt der Ideen – gemeinsam gegen den Leerstand in Oberhausens Innenstadt

Eine Herausforderung, die viele Städte in der einen oder anderen Form kennen, zeigt sich in Oberhausen besonders deutlich: der zunehmende Leerstand in der Innenstadt. Wenn Einkaufszentren und boomender E-Commerce den lokalen Einzelhandel bedrohen, braucht es außergewöhnliche Konzepte, um die Aufmerksamkeit wieder auf den zentralen Ort menschlichen Miteinanders zu lenken. Im „Supermarkt der Ideen“ – mitten im Kreativ.Quartier Oberhausen.Mitte – haben sich daher Stadt, BürgerInnen und Kreative von Anfang Oktober bis Anfang Dezember 2018 regelmäßig ausgetauscht, um Verbindungslinien zum Kunst- und Kulturgeschehen zu ziehen und so gemeinsam sinnstiftende Zukunftsvisionen für die Innenstadt zu entwickeln.

© Sebastian Becker/ecce
Ein einfaches Ladenlokal wird zum Knotenpunkt für Austausch & Bürgerinitiative.

Der Ort des Geschehens erscheint im ersten Moment ungewöhnlich, doch macht letztendlich umso deutlicher, dass es den InitiatorInnen ernst ist mit ihrem Anliegen: Denn um nicht nur über Herausforderungen zu sprechen, sondern direkt am Kern des Problems anzusetzen, wird zum Start des Kooperationsprojektes kurzerhand ein leerstehendes Ladenlokal zum kreativen Spielraum für die Zukunft der Innenstadt umfunktioniert. Als erstes Zeichen dafür, dass sich Flächen auf sehr vielfältige Weise nutzen lassen. Und dass es wichtig ist, ganz neue Möglichkeiten in Betracht zu ziehen – über den Tellerrand gedacht und in Verbindung mit dem hiesigen Kunst-, Kultur- und Kreativgeschehen.

Mit seinen Rollwagen und Bannern erinnert der weitläufige Raum im Kreativ.Quartier Oberhausen.Mitte tatsächlich an einen kleinen Supermarkt – nur ist das „Shopping-Erlebnis“ hier von Information und Austausch getragen. Eine kleine Ausstellung repräsentiert den Wandel des Einzelhandels und den Status Quo in der Stadt, während Besucher ihre Gedanken und Ideen hinterlassen können. Diese werden später ausgewertet und sollen Anknüpfungspunkte für weitere Projekte schaffen. Doch das eigentliche Kernstück bilden vier sogenannte „Labore“, die als Abendveranstaltung mit Vorträgen und Gesprächsrunden einen dankbaren Rahmen schaffen, um gemeinsam neue Lösungsansätze für die Innenstadt zu entwickeln.

Impulse von außen, Bewegung von innen – Kreativlabore werden zum Wegbereiter.

Alle zwei Wochen kommen hier Gewerbetreibende, Kreative und BürgerInnen zusammen, nehmen den Input auswärtiger RednerInnen dankbar auf und tüfteln anschließend gemeinsam an umsetzbaren Ideen. Der Schwerpunkt wechselt dabei von Mal zu Mal – es geht um Initiativen aus anderen Städten, Oberhausens Persönlichkeiten und besondere Orte. Darüber hinaus schafft ein samstäglicher Instawalk neue Perspektiven auf die Stadt, die zur Abschlussveranstaltung am 06. Dezember 2018 im Supermarkt der Ideen ausgestellt werden. An diesem Abend, der zugleich das vierte und letzte Labor umfasst, geht es noch einen Schritt weiter – mit der Frage, wie man kreative Köpfe von außerhalb mit der Stadt in Berührung bringen kann. Dazu wurden VertreterInnen von Residenzprogrammen eingeladen, die in kurzen Präsentationen das jeweilige Konzept und die damit gemachten Erfahrungen vorstellen: die Grafik-DesignerInnen Michelle Flunger und Sascha Schilling aus Dortmund mit ihrem Programm „FÜR HIER“, Sophie-Charlotte Thieroff von der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart mit einem international ausgerichteten Stipendienprogramm sowie die Architektur- und Kunsthistorikerin Alexandra Apfelbaum mit der Sommerschule vom Ruhrmoderne e. V. Sie alle bringen spannende Einblicke und Erkenntnisse mit – von kleinen Kniffen, um auch bekanntere KünstlerInnen für sich zu gewinnen, über eine geschickte Verknüpfung von On- und Offline-Präsenz bis hin zu Workshop-Formaten, die nicht nur die Kreativszene, sondern auch die BewohnerInnen aus dem unmittelbaren Umfeld gezielt ansprechen und einbinden. Im Anschluss an die Vorträge werden die Ideen gemeinsam mit den ZuhörerInnen eifrig diskutiert und weitergedacht, wodurch es schon an diesem Punkt durchaus realistisch erscheint, ähnliche Programme in Oberhausen auf den Weg zu bringen und damit die Belebung der Innenstadt und kulturelle Bereicherung geschickt zu vereinen.

Anstoß & Zuversicht – man fühlt sich nicht mehr allein, sondern kann fortan auf Verbündete zählen.

Das Team hinter dem Supermarkt der Ideen zeigt sich sehr glücklich über den Verlauf des Abends und der gesamten acht Wochen. Dr. Hanna Hinrichs – Geschäftsführung Programm bei StadtBauKultur NRW und führender Kopf des Projektes – ist die Stadt ans Herz gewachsen, nicht zuletzt wegen der vielen guten Gespräche mit den Menschen vor Ort. Gleichzeitig sind sie und ihre Projekt-Kolleginnen Gesina Rath von kitev und Yvonne Johannsen von den Urbanisten beeindruckt davon, dass sich im Laufe der vier Labore ein Stammpublikum gebildet hat – mit motivierten AkteurInnen nicht nur aus dem Kreativ.Quartier Oberhausen.Mitte selbst, sondern auch aus umliegenden Städten. Ganz offensichtlich besteht hier ein ernsthaftes Bedürfnis, sich zu vernetzen und gemeinschaftlich Dinge in Bewegung zu setzen. Das Team ist dankbar dafür und sieht das starke Engagement als Bestätigung für das Projekt. Vor allem hat der Supermarkt der Ideen neben zahlreichen Impulsen für das Kreativ.Quartier und seine AkteurInnen auch Zuversicht geschaffen. Wie es nun weitergeht, wird sich bald zeigen. Jedenfalls wurde gleich zu Beginn des Abends klargestellt: Die im Rahmen des Projektes entwickelten Lösungsansätze sollen auf keinen Fall im Sande verlaufen. Vielmehr werden alle wichtigen Erkenntnisse gesammelt und an die Stadt weitergegeben, um weitere Schritte einleiten zu können. Zudem ist bei den Besuchern der Labore der Wille spürbar, sich auch weiterhin einzubringen und Projekte anzustoßen. Viele fühlen sich nun nicht mehr allein, sondern können fortan auf Verbündete zählen, um den Stein ins Rollen zu bringen.

Text: Marius Hanke

Fotos: Sebastian Becker