Die Kulisse ist real
Erste Szene vor dem Interview: Sina Ebell und Ariane Kareev stehen vor dem Hochhaus in der Friedrich-Karl-Straße. In den Leerständen im Erdgeschoss befindet sich das Nachbarschaftszentrum ''Unterhaus''. Mit der freundlichen Unterstützung von Kultur im Turm e.V. (Kitev) kann neben dem Unterhaus ein weiterer Leerstand für das Stück Iphigenia genutzt werden. Ebell und Kareev rauchen und warten. Ein Nachbar gesellt sich dazu – es folgt eine Unterhaltung über Stromausfälle im Haus. Sina Ebell wohnt seit ihrem 2018 IKF-geförderten Projekt ''Ein Bild der Wirklichkeit'' in dem, als sozialer Brennpunkt bekannten, Hochhaus in der Nähe des Hauptbahnhofs. Um über das Haus einen Dokumentarfilm machen zu können, war es für sie unabdingbar vor Ort zu leben und Beziehungen aufzubauen. Mittlerweile kennt sie die Nachbarn gut. Ein Großteil der Menschen lebt in prekären Zuständen. Gebrochene Existenzen und Armut zeigen sich hier jeden Tag. Auch die Figur Iphy aus ihrem aktuellen Stück könnte eine Bewohnerin des Hauses sein.
Griechische Mythologie 2.0
Das Theaterstück Iphigenia ist die deutsche Version von Gary Owens ''Iphigenia in Splott''. Owen hat dem griechischen Mythos über Iphigenie, die Tochter des Heerführers Agamemnon, die für das Gemeinwohl geopfert wird, ein zeitgemäßes Gewand geschneidert. Die Hauptfigur Iphy ist eine junge, arbeitslose Frau, die viel Wut in sich trägt und für die meisten in die Schublade ''Asi'' gehört - sie ist laut, umgeben von Chaos, pöbelt gerne und stolpert von einem Rausch in den nächsten. Doch Stück für Stück gewährt die Erzählung einem einen Blick hinter die raue Fassade, offenbart die Hintergründe ihrer Wut und zeigt vielfältige Facetten ihrer Person. Schicksalsschläge und Einsamkeit prägen ihr Leben.