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Europa fördert Kultur – aber wie?

ecce hat mit Lea Stöver gesprochen, der Leiterin des Creative Europe Desk Kultur – der nationalen Kontaktstelle für EU-Förderung.

© Creative Commons

Frau Stöver, der Creative Europe Desk KULTUR ist die nationale Kontaktstelle für die Kulturförderung der EU. Was genau ist der Aufgabenbereich des CED KULTUR?
 

Wir sind von der Europäischen Kommission offiziell dazu beauftragt, die Kulturförderung der EU und insbesondere die Fördermöglichkeiten, die das Kulturförderprogramm KREATIVES EUROPA KULTUR bietet, in Deutschland bekannt zu machen. Neben uns gibt es noch vier weitere Desks in Deutschland, die zum Schwesterprogramm KREATIVES EUROPA MEDIA beraten – dazu gleich noch mehr.

Unsere Aufgaben lassen sich unter den drei Schlagworten Information, Beratung und Expertise zusammenfassen.

  • Information bedeutet, dass wir über unsere Öffentlichkeitsarbeit (Website, Facebook, Newsletter, Veranstaltungen) das Programm bekannt machen und aktuelle Ausschreibungen verbreiten. Wir richten uns dabei explizit an den Kultur- und Kreativsektor in Deutschland. Im September bieten wir z.B. zwei eintägige Seminare in Berlin an, für die man sich anmelden kann. Das Angebot wird es voraussichtlich auch im Frühjahr 2020 in Bonn wieder geben.
  • In der Beratung gehen wir dann noch einen Schritt weiter. Hier beraten wir interessierte Kulturschaffende dazu, ob ihre Ideen in das Förderprogramm passen und begleiten dann auch ganz individuell bei der Antragstellung. Sie können sich also mit einer generellen Frage zur EU-Kulturförderung an uns richten, ihre Projektidee mit uns diskutieren oder ganz konkrete Fragen zum Antragsprozedere stellen.
  • Und zum letzten Punkt, der Expertise: Das bedeutet, dass wir unser ExpertInnenwissen rund um die EU-Kulturförderung zur Verfügung stellen – z.B. auf Anfrage von lokalen Behörden, nationalen Einrichtungen, Studierenden, der Presse etc.
     
Wie würden Menschen, die noch nie in Kontakt mit EU-Förderprogrammen waren, das Creative Europe Programm in wenigen Sätzen erklären? Wie ist das Programm aufgebaut, welche Förderbereiche gibt es und wer kann Förderanträge stellen?
 

In einem Satz: Creative Europe ist das Kulturförderprogramm der EU und unterstützt den Kultur- und Kreativsektor sowie den audiovisuellen Sektor in Europa.

In ein Paar mehr Sätzen: Das Programm ist in zwei Teilprogramme unterteilt. Erstens das Programm MEDIA, bei dem es um die Förderung und Verbreitung des europäischen Films geht. Und dann das Teilprogramm KULTUR, für das wir als CED KULTUR zuständig sind.

Das Teilprogramm KULTUR richtet sich an alle Sparten und umfasst zurzeit vier Förderbereiche. Der größte Bereich sind die Kooperationsprojekte. Hier gibt es zwei Kategorien, die kleinen und großen Kooperationsprojekte, die sich nur in der Zahl der benötigten PartnerInnen und der Fördersumme unterscheiden. Es müssen sich mindestens drei bzw. sechs Kultureinrichtungen aus drei bzw. sechs unterschiedlichen Ländern[1] zusammentun und ein gemeinsames Projekt umsetzen. Das richtet sich also an Institutionen und Menschen, die auf europäischer Ebene arbeiten wollen und auch können. Wichtig ist noch, dass nur juristische Personen (also z.B. Vereine, Unternehmen, öffentliche Einrichtungen) aus dem Kultur- und Kreativsektor antragsberechtig sind.
Zwei weitere Förderbereiche, die Netzwerke und Plattformen, sind auf europäische Verbandsarbeit und Nachwuchsförderung angelegt. Das ist nur etwas für Einrichtungen, die bereits viel Erfahrung in europäischer Zusammenarbeit haben. Und zuletzt noch der Bereich Literarische Übersetzungen, hier werden Verlage und Verlagshäuser gefördert, die Werke von einer europäischen Sprache in eine andere übersetzen.
 

Können Sie sagen, wie viele Projekte mit deutscher Beteiligung es seit Beginn der Förderperiode 2014 im Creatives Europe Culture Programm gab?
 

Wenn man alle Förderbereiche zusammennimmt, sind das 148 Projekte mit deutscher Beteiligung. Am interessantesten sind die Zahlen für die Kooperationsprojekte. Zwischen 2014 - 2018 waren insgesamt 146 unterschiedliche Einrichtungen aus Deutschland an 138 Kooperationsprojekten beteiligt. Die Ergebnisse für 2019 zeigen, dass 40 deutsche Institutionen an Europäischen Kooperationsprojekten beteiligt sind.
 

Aus welchen Ländern werden die meisten Förderanträge im Creative Europe Culture Programm gestellt und wo steht Deutschland im Vergleich?
 

Für das Jahr 2018 gab es bei den kleinen Kooperationsprojekten 27 Anträge aus Deutschland. Mehr Anträge kamen nur aus Frankreich (34), Großbritannien (45) und Italien (81). Mit einer Erfolgsquote von 33,33% lagen deutsche AntragstellerInnen aber vor den AntragsstellerInnen aus diesen Ländern. Bei den großen Kooperationsprojekten sah es etwas anders aus. Hier lag Deutschland 2018 mit vier Anträgen nur an neunter Stelle und es wurde keines der Projekte ausgewählt.

Zum Vergleich kann ich hier auf die deutschen Förderquoten im europäischen Vergleich verweisen. Für den Zeitraum 2014-2018 lag die bei den kleinen Kooperationsprojekten bei 14,82% europaweit und bei 20,49% für Anträge aus Deutschland. Bei den großen Kooperationsprojekten lag sie bei 16,73% europaweit und bei 16,11% für Anträge aus Deutschland. Man kann also sagen, dass Deutschland bei den kleinen Kooperationsprojekten überdurchschnittlich gut ist und bei den großen im Mittelfeld schwimmt.
 

Was glauben Sie, worin sehen AntragstellerInnen aus der Kultur- und Kreativbranche die größten Herausforderungen, wenn es um die Beantragung von europäischen Fördergeldern geht und wie kann diesen begegnet werden?
 

Meiner Erfahrung nach scheuen viele den Aufwand der Antragstellung und machen sich bereits im Vorfeld große Sorgen, wie die Umsetzung klappen soll. Und ja, beides ist definitiv eine Herausforderung und nicht jede Organisation kann ein solches Projekt stemmen. Aber es gibt zwei gute Nachrichten:

  • Erstens muss man nicht mit der Koordination eines solchen Projektes anfangen, sondern kann auch erstmal nur PartnerIn werden. Dann ist man weniger mit der Organisation beschäftigt (das macht in großen Teilen der/die HauptantragstellerIn), kann aber inhaltlich dabei sein.
  • Und zweitens gibt es bei der Antragstellung unsere Angebote und eine wirklich umfassende Unterstützung. Wir können zwar niemandem die Antragsstellung abnehmen, haben aber immer ein offenes Ohr für Fragen und auch manchen Kummer.
     
Welche Beratungs- und Informationsmöglichkeiten gibt es für „Newcomer“, die eine Förderung im Creative Europe Culture Programm beantragen wollen, aber nicht wissen wo sie anfangen sollen? Gibt es eine Art Fahrplan für „Newcomer“?
 

Das einfachste ist: Rufen Sie uns an oder schreiben Sie eine E-Mail. Wir erklären gerne persönlich, worum es im Programm geht und welche Fördermöglichkeiten es gibt.
Ansonsten bieten wir auf unserer Website übersichtliche Informationen an und organisieren regelmäßig deutschlandweit Veranstaltungen mit verschiedenen Schwerpunkten.

Alle Informationen zu MEDIA finden Sie auch auf der eigenen Website des Teilprogramms.
 

Die aktuelle Förderperiode läuft noch bis 2020. Was ist vom Creative Europe Culture Programm nach 2021 zu erwarten? Gibt es grundlegende Veränderungen oder neue Programmschwerpunkte?
 

Was das Teilprogramm KULTUR angeht, soll der große Förderbereich Kooperationsprojekte weitergeführt werden, genauso die Plattformen und Netzwerke. Ganz neu soll ein Förderbereich für den Musiksektor geschaffen werden und auch die Förderung des Buchsektors soll neu gestaltet werden. Weitere Schwerpunktthemen werden Kulturerbe und Architektur, Design und Kulturtourismus sein. Und dann geht es ja vor allem um das Budget: Die Europäische Kommission hat eine Anhebung um 30% vorgeschlagen, das Europäische Parlament fordert eine Verdopplung des Gesamtbudgets. Die endgültige Entscheidung dazu wird hoffentlich im Laufe des Jahres fallen.

 

 

Nicht verpassen:
Im Herbst finden wieder Seminare des CED Kultur mit aktuellen Informationen zur europäischen Kulturförderung durch das Programm Creative Europe statt.
Weitere Informationen dazu gibt es hier.

[1] Antragsberechtigte Länder sind alle EU Mitgliedsstaaten sowie Island, Norwegen, Albanien, Armenien, Nord- Mazedonien, Republik Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Republik Moldau, Tunesien, Ukraine, Kosovo.