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Computer-Nerds, Abenteurer und intelligente Außenseiter

Aktuell arbeitet der IKF Stipendiat Marian Mayland an seinem vierten Kurzfilm ''Michael Ironside And I''. Sein Weg dorthin führte über diverse Kurzfilme, die auf bekannten Filmfestivals gezeigt wurden. Ein roter Faden sowie eine ständige Entwicklung begleiten seine Arbeiten.

© Marian Mayland

Geschichtsbilder - Erinnern und Vergessen

Marian Mayland sieht sich als Filmemacher. Genauer als Künstler, der Filme macht. Studiert hat er zuerst Malerei in Essen, anschließend zeitgenössische Kunst in Basel und im Anschluss Philosophie im Kontext von Kunst in Stockholm. Über seine Abschlussarbeit in Basel ist er 2015 mit seinem Kurzfilm Driving around where the crescents used to be. A Script zum Medium Film gekommen. Der Film handelt von einer Siedlung in Manchesters Stadtteil Hulme, welche innerhalb einiger Jahrzehnte einen extremen Wandel durchlebt hat. Weite Teile des Viertels wurden abgerissen und mit dem zu jener Zeit modernen Konzept der Wohnblocksiedlung ersetzt. Dieses Konzept war - wie an vielen anderen Orten - optimistisch geplant, jedoch zum Scheitern verurteilt. Aus dem 70er-Jahre-Traum wurde eine Art Slum. Der nächste Abriss folgte und es entstand eine typische Vorstadt mit Backsteinhäusern und grünem Idyll.
Der Kurzfilm kombiniert dokumentarisches Material aus verschiedenen Jahrzehnten mit Ausschnitten aus Filmen, TV-Serien, Texten und Musikstücken der frühen Technoszene. Im Magazin der Kurzfilmtage Oberhausen, bei denen Maylands Arbeit 2016 gezeigt wurde, schreibt Sascha Westphal: ''Die Zeiten und Ebenen fließen in Marian Maylands Driving Around Where the Crescents Used to Be. A Script ineinander. Das Vergangene mag aus der Landschaft ausradiert sein. Aber seine Abwesenheit schafft eine eigene Realität, die sich in der Collage-Technik des Films spiegelt.''

Erinnern und Vergessen, die Abwesenheit von Erinnerung sowie Geschichtsbilder im Sinne utopischer Vorstellungen vom Fortschritt sind Themen, die Mayland beschäftigen und sich in seinen Werken regelmäßig wiederfinden. So wie auch in seinem Kurzfilm Eine Kneipe auf Malle. Er thematisiert die NPD, die menschliche Tendenz ein Muster im Rauschen zu erkennen und zeigt etwa 30 Jahre nach seinem Ablaufdatum belichtetes Super-8 Kodachrome K40 Filmmaterial. Die NPD und Kodachrome K40 werden zu Beginn als ''zwei obsolete Erscheinungen'' vorgestellt. Zu sehen ist eine Demonstration des NPD Kreisverbandes Essen im April 2016. Das Bild ist schwarz-weiß und weist extremes Rauschen auf. Szenen aus der heutigen Zeit im Gewand der Vergangenheit. Dieser Film erschien bei den Internationalen Kurzfilmtagen in Oberhausen 2017 und gewann dort den Preis des NRW-Wettbewerbs sowie unter anderem den 3. Preis bei motionartfilm Schwerte. Die Kurzfilmtage Oberhausen und viele weitere Film-Festivals haben ihn in seiner filmischen Arbeit bestärkt und verhalfen ihm zu mehr Sichtbarkeit. Das Format Kurzfilm scheint ihm eine passende Ausdrucksform. Er hat das Gefühl, dass ihm dieses Medium mehr entspricht als die Malerei.

Elternschaft und neue Fragen

2018 haben die IKF und die Kunststiftung NRW Marian Mayland die Arbeit an dem Kurzfilm-Projekt untitled (a refusal of leave to land) ermöglicht. In dieser Arbeit geht es um ein Kriegsgefangenenlager aus dem 2. Weltkrieg, die Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet und das Verhältnis von individuellem und kollektivem Gedächtnis. Das war die erste projektbezogene Förderung die er bis dahin erhalten hatte. Seine Bewerbungen für die IKF sowie der neue Leitfaden IKF KünstlerInnen-Stipendium haben dabei geholfen sein Verständnis für Förderanträge und die Fähigkeit, sein eigenes Vorhaben mit den richtigen Worten zu beschreiben, zu erweitern. Diese Aspekte sind für viele KünstlerInnen extrem wichtig – werden allerdings nicht immer im Rahmen des Studiums vermittelt.
An untitled (a refusal of leave to land) arbeitete er in einer spannenden aber auch herausfordernden Zeit des Umbruchs. Durch seine Vaterschaft eröffneten sich neue Fragestellungen: über Geschlechts- und Rollenbilder, Fragen über Männlichkeit. Ein Projekt namens Escape Velocity sollte sich mit eben diesen Themen im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit in seinem Umfeld auseinandersetzen. Jedoch wurde in der Recherchephase, die im Rahmen der Ruhr Residence stattfand, klar dass diese Arbeit andere Formen annahm. Seine aktuelle Arbeit Michael Ironside and I knüpft an diesen Arbeitsversuch an. Es erschien ihm schlüssig und sinnvoll diese Auseinandersetzung auf eine medienreflexive Praxis auszuweiten. Ermöglicht wird ihm die Arbeit durch das IKF KünstlerInnen-Stipendium.

Michael Ironside And I beschäftigt sich mit speziellen Formen von Männlichkeit in Science-Fiction-Filmen und -Serien der 80er und 90er Jahre, in denen vor allem jugendliche und junge Männer mit einem ausgeprägten Bezug zu Technologie die Hauptrollen spielen: Computer-Nerds, Abenteurer und intelligente Außenseiter. Er verbindet diese Art von Filmen und Helden mit Sehgewohnheiten aus seiner Kindheit und Jugend. Er glaubt, dass diese Rolle exemplarisch für Tendenzen in unserer Gesellschaft stehen kann, wobei er nicht genau benennen kann was dies konkret ist. Deshalb gestaltet er die Arbeit an diesem Werk als einen offenen Prozess, in dem sich die Zielsetzung im Laufe herauskristallisieren soll.  
Michael Ironside And I ist explorativ und auf eine Art autobiografisch. So fragt sich Marian Mayland, wieviel von der eigenen Gefühlswelt und den eigenen Reaktionen durch Muster strukturiert werden, die mit Männlichkeit verbunden werden. Ihn beschäftigt die Vorstellung von Männlichkeit mit der er selbst lebt und vermutet da viel Unbewusstes, obwohl er sich selbst als relativ reflektierten Menschen sieht.

Schreibtischarbeit statt Kamerafahrten

Seine Arbeit als Filmemacher findet vor allem am Schreibtisch statt. Um dem Thema näher zu kommen, arbeitet er eine lange Liste mit Filmen und Serien der 80er und 90er Jahre ab. Alles wird visuell und inhaltlich analysiert und daraufhin abgeklopft, wie sich die männliche Nerd-Figur mit der Zeit entwickelt hat. Anders als zuvor werden für dieses Projekt Filmstills aus bekannten Produktionen verwendet. Er zeigt Räume in denen sich die Charaktere bewegen: Jugendzimmer oder Kellerräume mit Computern, aus denen die Schauspieler heraus-retuschiert werden. Mit kleinen Tricks werden diese Bilder in Bewegung gesetzt - eine für ihn neue Technik. Mayland will speziell die Zimmer zeigen, weil er findet, dass sie vielleicht mehr über den Charakter der Rolle aussagen als der Charakter selbst. Personen werden nicht gezeigt. Zusätzlich stellt er Recherchen über die SchauspielerInnen der Film-Charaktere an. Was ist aus ihnen geworden? Wie sprechen sie in Interviews über die Rollen? Zwar kann Michael Ironside and I neue Aspekte aufweisen, dennoch fügt er sich gut in den bisherigen Stil Maylands ein. Seine Werke sind geprägt von einem langsamen Fluss und einer ruhigen Stimme die aus dem Off kommentiert. Sichtbare Personen stehen nicht im Fokus.

 

Text: ecce, basierend auf einem Interview mit dem Künstler.

 

 

Wer sich ein Bild von Marian Maylands Arbeit machen möchte hat aktuell die Möglichkeit untitled (a refusal of leave to land) an folgenden Terminen zu sehen:

 

13. November 2019, 17:30h
Präsentation
untitled (a refusal of leave to land)
Kasseler Dokfest im Bali Kino in Kassel
 
14. November 2019, 21h
Präsentation
untitled (a refusal of leave to land)
Kurzfilmfestival Köln im Filmforum NRW in Köln
 
15. November 2019, 21:30h
Präsentation
untitled (a refusal of leave to land)
Kurzfilmfestival Köln in der in der Filmpalette in Köln
 
20. November 2019, 21:15h
Präsentation
untitled (a refusal of leave to land)
blicke. Filmfestival des Ruhrgebiets im Endstation Kino in Bochum